Im Teil 3 der Serie über das Selbstbau-Projekt des Mönchengladbacher Ehepaares Klinke beschreiben wir die zahlreichen technischen Vorgaben und Daten, welche einzuhalten sind, um auch den Segen des TÜVs für dieses ambitionierte Projekt zu erhalten.

Selbstausbau-Projekte der Familie Klinke. (Foto: Klinke)
In Teil 1 des Berichts haben wir die Vorüberlegungen und den Kabinenbau beschrieben.
In Teil 2 des Berichts wird der Innenausbau und die Bordelektrik umfassend dargestellt.
In Teil 3 des Berichts wird die Technik näher erklärt und der Weg zum TÜV-Siegel.
An die 1.500 Arbeitsstunden werden benötigt
Um ein Fahrzeug von der Idee bis hin zum voll selbstgebauten Wohnmobil auf die Beine – Verzeihung! – auf die Räder zu stellen, vergehen viele Stunden mit Holzarbeiten, Elektroinstallation und der Verlegung der Heizungs- und Sanitärelemente.
Natürlich kommen die vielen kleinteiligen und zeitraubenden Arbeiten hinzu, um Bohrungen für Kabelkanäle zu setzen, Kabelbinder um die Leitungen zu ziehen oder die Schmiegen in der Holzverkleidung sauber anzupassen. Wilhelm Klinke schätzt, dass er gemeinsam mit seiner Frau Christa „sicher mehr als 1.500 Arbeitsstunden“ benötigt hat, um die Wohnkabine auf den Peugeot Boxer zu montieren. Ein Aufwand, der sich aus Sicht der passionierten Reisefans gelohnt hat.

Zulassung als 3,5-Tonnen-Fahrzeug
Das Fahrzeug sollte von vornherein in der Gewichtsklasse bis 3,5to zGG erstellt werden. Daher war es sehr wichtig, alle Einbauten und Materialien immer auch unter Gewichtskriterien auszuwählen.
Für das Fahrzeug wurden daher folgende Gewichtsangaben kalkuliert:
Baugruppe | Gewicht und Anmerkungen |
Verkleidungen u. Innenwände | 40,8 kg Verkl.: Kunstleder-Wandverkl. |
Schränke | 86,8 kg |
Küche | 44,6 kg Gaskasten- u, Schubladenblock |
Sitzgruppe | 22,4 kg Tisch und Sitzbank |
Betten | 67,3 kg einschl. Stauräume unter Betten |
Rolladenanlage | 10,4 kg |
Verkl. u. Bodenbeläge | 25,4 kg Verkl.: Deckenpanele u.a. |
Gasanlage u. Heizung | 52,5 kg einschl. Kühlschrank |
Wasseranlage | 38,0 kg einschl. Duschanlage, WC, SOG |
Elektrische Anlage | 52,8 kg mit TV, SAT, PV, Videoanlage |
Ausstattungen | 57,0 kg einschl. Radträger |
Außenanbauten gehen ins Gewicht – Fahrradträger – Markise
Weitere nicht zu unterschätzende Anbauten am Fahrzeug fließen in das Gesamtgewicht mit ein. Da in der Wohnkabine ganz bewusst auf eine Heckgarage verzichtet wurde (Warum? Lies es hier im Teil 1), wurde ein elektrisch betriebener Fahrradträger am Heck des Fahrzeugs montiert.

Thule V16-Träger: Der elektrisch betätigte Fahrradträger erleichtert den Transport. (Foto: Klinke)
Aus Sicht der Eigentümer besitzt diese Kombination den Vorteil, dass der rund 20 Kilogramm schwere Träger und auch die zwei E-Bikes (mind. jeweils 25 Kilogramm), je nach Reiseziel einfach weggelassen werden können. Dies bringt neben der möglichen Spritersparnis, dann auch Gewichtsvolumen für andere Gegenstände, die stattdessen mitgenommen werden können.

Email an: boxer@online.de
Dadurch nutzt man die engen Grenzen der 3,5-Tonnen-Vorgabe optimal aus, ohne Komforteinbußen.
Um nochmals die sehr genaue Planung dieses Projekts zu veranschaulichen, haben wir hier nachfolgend einen Auszug aus den umfangreichen Planungsunterlagen ausgewählt. Dort beschreibt der Selbstbauer, dass für die Fahrrad-Akkus ein eigenes Fach vorgesehen wurde. Dies schafft natürlich eine exzellente Ordnung, bedarf aber auch der akribischen Vorplanung.

Akribische Planung bis ins Detail: Hier der Platz für die Fahrrad-Akkus. (Foto: Klinke)
Die Rechnung mit dem TÜV machen
Nach den Berechnungen des Selbstbauers beträgt das Leergewicht des Fahrgestells ohne Fahrer und ohne Kraftstoff 1830 kg. Der Gewichtszuwachs durch die noch nicht ausgebaute Kabine beträgt 562 kg, somit ist das Ausgangsleergewicht 2392 kg. Nun kommen weitere Faktoren zur Gesamtrechnung hinzu.
Aus der Tabelle oben mit den verbauten Materialien ergibt ein Zusatzgewicht von gerundet 500 kg. Somit liegt man bei wiederum gerundet ca. 2900 Kilogramm.
Zur Ermittlung der frei verbleibenden Zuladung ist eine Mindestzuladung nach DIN EN 1646 hinzuzurechnen, für das 2-sitzige 7-m-Fahrzeug = 90 kg zuzüglich der 2. Person = 165 kg. Hiermit kommt man auf 3100 kg (ohne Frischwasser), die Zuladungsreserve beträgt somit 400 kg zum zGG von 3500 kg.
400 Kilogramm Zuladung wiederum sind ein guter Wert, um auf Reisen jeweils die gewünschten, sinnvollen und notwendigen Gegenstände mit sich zu führen. Damit steht einer komfortablen Reise nichs mehr im Wege.

Der Lohn der ganzen Arbeit: Mit dem Selbstbau an der Elbe (Foto: Klinke)

Mit der Selbstbau-Kabine in Glurns, Südtirol. (Foto: Klinke)
Ein guter Zeitplan ist überragend wichtig
Um das Projekt Selbstbau überhaupt vernünftig durchführen zu können, ist ein gut geplanter Ablaufplan nach Ansicht des ehemaligen Konstrukteurs Wilhelm Klinke unerlässlich. Aus seinem Erstprojekt des Jumper-Ausbaus (Details hier im Bericht) aus dem Jahr 2016 hatte er bereits wichtige Erfahrungen mitnehmen können. In dem hier beschriebenen Boxer-Projekt haben sich die Eheleute Klinke an den nachfolgend in Auszügen dargestellten Plan gehalten:

Ohne Vorplanung geht es nicht: Detaillierter Zeitplan für das Projekt Boxer. (Grafik: Klinke)
Deutlich erkennbar ist die gut getaktete Chronologie der aufeinander folgenden Ausbauschritte. Natürlich erscheint dieser Ablauf bei sorgfältiger Ansicht sehr stringent und logisch und alle hätten es ja auch von vornherein so gemacht! Ist doch wohl klar, oder?
Allerdings kennen wir von We love C ❤ auch verschiedene Hobby-Ausbauprojekte, welche im Geflecht der Gewerke, der mangelhaften Zeitplanung und nicht zuletzt auch an zu großem finanziellen Optismismus, dann doch krachend gescheitert sind. Umso schöner, so ein rundum gelungenes Projekt zu sehen!
Weitere Aspekte führen zum Ziel
Vermeintliche Kleinigkeiten entscheiden häufig über Wohl und Wehe eines ganzen Projekts. So hat der Selbstbauer in seinem Projekt im Badezimmer verschiedene Einbauteile zunächst mithilfe von Saugnäpfen montiert, um dann nach Prüfung in der Alltagspraxis, die endgültigen Bohrungen für die Zahnputzbecher oder Regalelemente final vorzunehmen.
Oder erinnern Sie sich noch an den Küchenausbau mit der Box, in welche genau vier Weinflaschen passen? (Siehe im Bericht Teil 2 hier!)
Kleinigkeiten? Ja, kann sein! Aber aus unserer Sicht wird das Wohnmobil durch diese maßgeschneiderten Wohlfühlpunkte dann tatsächlich zu dem Reisegefährt, dass jeden Tag aufs Neue ein Lächeln ins Gesicht zaubert und die Reisen zu einem besonderen Erlebnis machen.
Das Ergebnis dieses langen Prozesses, den wir in drei Teilen – Teil 1 hier – Teil 2 hier – Teil 3 hier – begleitet haben, spricht für sich.

Projekt-Start: Wilhelm Klinke übernimmt das Fahrgestell des Peugeot Boxer. (Foto: Klinke)

Innenansicht der Gfk-Kabine vor Ausbaubeginn. (Foto: Klinke)

Design-Kniffe machen es möglich. Gerade Sichtachse durch den gesamten Innenraum. (Foto: Klinke)

Mit der eigenen Wohnkabine auf Tour. (Foto: Klinke)
Umso erfreulicher, dass das Projekt der Familie Klinke zu einem glücklichen Finale gelangt ist. Der TÜV hat das begehrte Prüfsiegel erteilt und das Fahrzeug kann die Wohnmobilfans nun durch Reisen in Europa führen.
Coolnessfaktor: 09/10. Ein Reisemobil mit den eigenen Händen und völlig nach den eigenen Vorstellungen zu bauen ist sicher ein Traum, den viele Reisemobilfreunde im Geheimen hegen. Mit dem Selbstbau-Projekt der Familie Klinke zeigen wir, dass es möglich ist, den eigenen Wunsch in die Realität umzusetzen. Viele Tipps und Hinweise teilt hier ein Fachmann und seine Fachfrau direkt in einem Projekt unmittelbar aus der Praxis. Das finden wir von We love C ❤ sehr cool!
Weitere Informationen
https://www.juboduselbstausbau.de/das-boxer-projekt
Zum Bericht Teil 1: Vorüberlegungen, Planungen und Kabinenbau
Zum Bericht Teil 2: Innenausbau, Sanitär und Elektrik
Zum Bericht Teil 3: TÜV und Technik

(c) Familie Klinke
Nach einem Studium im Bereich Maschinenbau und Kunststofftechnik hat er rund 40 Jahre im Bereich von Leichtflugzeugbau und Konstruktion gearbeitet. Beste Voraussetzungen also, um gemeinsam mit seiner Frau Christa die Erfahrungen im „Projekt Boxer“ beim Selbstbau einer eigenen Wohnkabine umzusetzen. Die Familie Klinke gibt ihr Wissen auf Anfrage gerne weiter. Email-Anfragen können gerichtet werden an: boxer@online.de
Hinweis: Für das Projekt Selbstbau Boxer wurden auch zahlreiche Planungsunterlagen und Fertigungsunterlagen erstellt, die gegen eine geringe Gebühr zu erhalten sind.
Basisfahrzeug | Peugeot Boxer Fahrgestell 435 L3 BlueHDi140 |
Motor | 4-Takt-Diesel/103 kW/140 PS/2179 cm³ |
Schadstoffklasse | Euro 6d temp |
Getriebe | mechanisch, 6 Gang |
Sitzplätze/Schlafplätze | 2/2 (2 Gurtplätze ausschl. im Führerhaus) |
Maße LxBxH | 6970 x 2300 x 2850 mm |
Zul. Gesamtmasse | 3500 kg |
Leermasse §21StVZO | 2935 kg |
Masse im fahrbereiten Zustand | 3042 kg (alle Flüssigkeiten & Zusatzeinbauten) |
Ausstattung | 2 x Airbags, ESP, ABS, DSC/ASR, DAB, Rückfahr- kamera, autom. Klima, Tempomat, Luftfederung hi. |
Das gesamte Projekt wird ausführlich auf YouTube dokumentiert:
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Planungsunterlagen und Fertigungsunterlagen direkt erhältlich!
Um einmal exemplarisch zu zeigen, welche umfassenden Arbeiten in diesem Selbstau-Projekt stecken, können Sie hier einen Auszug der Planungsunterlagen zu der Gewichtskalkulation sehen. Weitere Informationen sind direkt bei der Familie Klinke erhältlich.

Mit guter Planung zum Ziel: Auszug aus den Planungsunterlagen zum Projekt Boxer. (Grafik: Klinke)
2 thoughts on “Selbstbau-Projekt – Die eigene Wohnkabine auf einen Peugeot Boxer – Teil 3: TÜV und Technik”
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