Platznot beim Campen – Bieten Pop-Up Camps eine Lösung? – Interview mit Jobst von Paepcke

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Wird es eng auf den Campingplätzen?

Das Campingjahr steht jetzt im Frühjahr 2021 – hoffentlich – mit Macht in den Startlöchern und bei verschiedenen Umfragen (siehe hier) hat sich gezeigt, dass die Campingfreunde ihre Urlaubsform auf jeden Fall schnell und auch gerne an möglichst vielen Tagen in diesem Jahr ausüben möchten.

Einige Stimmen aus der Branche vermuten, dass es auf den Stell- und Campingplätzen in den Urlaubsmonaten eng wird. Da könnte das neu entstandene Konzept von Pop-Up Camps für eine willkommene Entlastung sorgen. We love C ❤️ spricht daher mit Jobst von Paepcke, Geschäftsführer der Pop-Up Camps GmbH über die Idee.

Eine steile These gibt es gleich mal vorne weg: “2025 stellt sich die grüne Bundeskanzlerin zur Wiederwahl, mit einem Programm zur Stärkung von lokalem Tourismus…”

Jobst von Paepcke möchte außergewöhnliche Campingerlebnisse auf temporär genutzten Flächen anbieten. (Foto: Paepcke)

Jobst von Paepcke möchte außergewöhnliche Campingerlebnisse auf temporär genutzten Flächen anbieten. (Foto: Paepcke)

Frage: Herr von Paepcke, was bietet ihr Unternehmen den Campingfreunden an?

Antwort:
Pop-Up Camps bietet außergewöhnliche Camping Erlebnisse auf temporär genutzten Flächen an. Anders als beim herkömmlichen Konzept fester Campingplätze, die ganzjährig und oft mit fester Infrastruktur daherkommen, setzen wir auf temporäre Nutzung von Flächen für die Zeiten besonders hoher Nachfrage, wie in der Hochsaison – oder in einer Pandemie. In der aktuellen Marktlage bieten wir also den Campingfreunden – zu denen wir selbst gehören – erstens Platz zum Campen, zweitens eine besondere Atmosphäre und drittens außergewöhnliche Nachhaltigkeit durch die temporäre Nutzung.

Frage: Die Pop-Up Camps sind ja im Jahr 2020 aus der Corona-Not heraus geboren worden. Gerade Festivalflächen lagen brach und konnten so für Caravaning genutzt werden. Diese Flächen fallen ja wahrscheinlich wieder weg, sobald es Konzerte und Veranstaltungen gibt. Wo holen Sie dann Flächen für Pop-Up Camps her?

Antwort:
Gegenfrage: Bei einer Tourismusform, bei der rund 80% (!) der Übernachtungen in weniger als 20% des Jahres (Juli/August) stattfinden, macht es da Sinn, 100% der Angebote auf Plätzen mit fester Infrastruktur anzubieten und so einen stetig wachsenden Flächenverbrauch zu bewirken?
Wir wollen mit Pop-Up Camps eine intelligente Ergänzung zu den bestehenden Angeboten von Campingplätzen und Stellplätzen sein. Deutschland hat ein enormes Potential an Plätzen, wenn man sich klar macht, dass autarke oder teil-autarke Mobile, die nur 1-2 Nächte bleiben, keine lokale Infrastruktur benötigen. Pop-Up Camps gibt es im Open Air-Museum, rund um Veranstaltungen, bei Anbietern von Aktivitäten, aber auch auf der Industrie-Brache, dem Bauernhof oder beim Privatgastgeber auf dem Grundstück. Durch konsequent digitale Prozesse und Kontingent-Management funktioniert ein Platz für 100 Camper über eine Woche genauso gut, wie ein besonderer Platz für einen Solo-Camper, der die ganze Saison verfügbar ist.

Jobst v. Paepcke: “Rund 80 % der Übernachtungen finden im Juli und August statt” 

Vater und Sohn auf Campingtour: Pop-Up Camps soll auch Outdoor-Freunde ansprechen. (Foto: Paepcke)

Vater und Sohn auf Campingtour: Pop-Up Camps soll auch Outdoor-Freunde ansprechen. (Foto: Paepcke)

Frage: Werden Sie darüber hinaus mehr die Vermietung von Privat-zu-Privat in den Fokus nehmen. Nutzt Pop-Up Camps dann das AirBnB-Prinzip?

Antwort:
Pop-Up Camps wurde in der Presse im letzten Jahr oft als das AirBnB des Campens bezeichnet. Das trifft auf den Teil unseres Angebots zu, bei dem von Privat an Privat vermietet wird. Nach anfänglicher Skepsis hatten im Laufe der letzten Saison mehr und mehr Privatpersonen Lust, Gastgeber zu sein. Sowohl der Kontakt mit Menschen als auch die Möglichkeit, Einnahmen zu erzielen, haben viele neue Gastgeber motiviert.
Andere Gastgeber Gruppen nutzen Pop-Up Camps, um Aufmerksamkeit oder neue Kunden zu gewinnen. Eine Wassersportschule, ein Sporthotel, eine Veranstaltung oder ein Kanuverleih – viele solcher Betriebe haben temporär Platz für ein oder mehrere Camper und können so ein Paket aus Übernachtung und Aktivität anbieten.

Frage: Sprechen wir mal über die konkreten Angebote von Pop-Up Camps. Welche Flächen können Nutzer über ihre Plattform buchen?

Anwort:
Bei Pop-Up Camps starten wir in die Saison mit Ferropolis, dem Festivalgelände am Gremminer See – und zwar über die komplette Saison wird man unter Baggern direkt am See campen – der jetzt erstmals auch für Wassersport öffnet.
Neben Festival-Grounds bieten wir Camping rund um Veranstaltungen an. Beispiele sind Wassersport oder Themenfestivals wo Menschen zusammenkommen, die die Expedition suchen, und das Unterwegs-sein zelebrieren.
Dazu wird man bei Pop-Up Camps in unmittelbarer Nähe zu historischen Bauten, auf Bauernhöfen und in der Nachbarschaft von Freizeit-Anbietern campen können. Und ein paar Überraschungen werden wir auch noch im Programm haben, auch weil sich täglich neue Gastgeber anmelden.

Ich war kurz vor dem Lockdown im Oktober selbst bei einem unserer Gastgeber aus Braunlage. Dort war ich mit meinen Kindern ein Wochenende Mountainbiken und stand mit dem Van auf einem Pop-Up Camp-Platz, der von einem Hotel betrieben wird und am Rande des Nationalparks liegt. Man stand neben dem Hotel und konnte Frühstück und Wellness dazu buchen. Ein Campingerlebnis mit unverschämt viel Komfort und ein tolles Beispiel für neuartige Angebote für die Vanlife und Outdoor Community.

Starke location direkt am Gremminer See. Ferropolis - Stadt aus Eisen. (Foto: Ferropolis)

Starke location direkt am Gremminer See. Ferropolis – Stadt aus Eisen. (Foto: Ferropolis)

Frage: Es gab in 2020 schon erste Bestrebungen bei den Umweltbehörden gegen die Errichtung von Pop-Up Camps vorzugehen. Angeführt werden Gründe des Natur- und Umweltschutz. Dies scheint sich in 2021 fortzusetzen. Weitere Bundesländer haben Regelungen erlassen oder planen diese. Wie sehen Sie die Thematik?

Antwort:
Den Reflex, ausuferndes Wildcamping zu unterbinden kann ich absolut nachvollziehen. Es gab in 2020 Hotspots, an denen schlimme Zustände herrschten, die Natur, Umwelt und Anwohner belasten. Je mehr Menschen die Urlaubsformen außerhalb klassischer Campingplätze suchen, desto wichtiger wird es, für diese Nachfrage Angebote zu schaffen.
Wir haben Pop-Up Camps gegründet, weil wir diese Probleme im April 2020 vorausgesehen haben und einen positiven Beitrag zur Prävention und Lösung leisten wollen. Unser erster Schritt war daher ein Brief an über 1000 Bürgermeister von Kommunen in Deutschland, in denen durch touristische Hotspots die Probleme besonders ausgeprägt werden würden.

Der Umgang der Länder war sehr unterschiedlich, in Schleswig-Holstein wurde in der allgemeinen Aufgeregtheit jegliches Camping außerhalb von Camping- und Stellplätzen dem Wildcamping gleichgesetzt, in einer Art Abwehr Reflex. Andere Länder haben sich da offener präsentiert für neue Ideen. Letztlich passiert ja aktuell etwas ganz positives und spannendes im Camping, die Krise zwingt die Branche, darüber nachzudenken, wie die Zukunft aussehen wird – und da wollen wir mitgestalten mit Ideen und neuen Angeboten. Die Politik wurde von der Pandemie in vielen Bereichen ein Stück weit überrannt und hat sich auf kurzfristiges agieren beschränkt. Wir denken mit PUC weit über die Pandemie hinaus. Wir haben selbst hohes Interesse an Natur- und Umweltschutz und ein Interesse daran, Landschaft und Natur zu erhalten und zu genießen. Der deutsche Tourismus ist im Wandel und wir sind überzeugt, dass temporäre, nachhaltige und flächenschonende Konzepte wie Pop-Up Camps eine Rolle im Mix der Angebote der Zukunft spielen werden.

Jobst v. Paepcke: “Landschaft und Natur schützen und genießen”

Frage: Wo sehen Sie zukünftig die Zielgruppe für Pop-Up Camps? In einer – nicht repräsentativen – Umfrage unter Campern die wir durchgeführt haben, waren über zwei Drittel der Teilnehmer der Meinung, dass man lieber auf vollversorgten Campingplätzen steht. Pop-Up Camps wurden als Phänomen auf Zeit bezeichnet, dass bald wieder vom Markt vergessen ist. Was erwidern Sie diesen Stimmen?
(Red. Hinweis: Hier nochmals der entsprechende Bericht dazu: https://we-love-c.de/tipps-zum-uebernachten-pop-up-camps-oder-stellplaetze-bei-privat-eine-alternative-fuer-2021/ )

Antwort:
Die Umfrage ist…(von der Red. eingefügt)ein starkes Votum, dass es Zeit ist, sich über ergänzende Angebote für die Gruppe zu unterhalten, die NICHT gerne auf vollversorgten Campingplätzen steht. Seit Jahren boomt Camping und Vanlife und hat sich verjüngt und gewandelt. Neben den “4-Wochen-Kroatien-Campern” nutzen viele Menschen die Fahrzeuge vermehrt für Kurztrips und Aktivitäten. Wir greifen nicht das Geschäftsmodell der Campingplätze an, sondern wir machen ein alternatives Angebot für Camper, die etwas ganz anderes suchen. Anders formuliert bedeutet das Ergebnis dieser Umfrage ja, dass ein Drittel aller Camper ihr Glück außerhalb von Campingplätzen suchen.

Frage: Wie groß ist denn das Interesse der Anbieter, die sich im Jahr 2020 mit Pop-Up Camps zusammen getan haben, langfristig mit ihnen zu arbeiten?

Antwort:
Alle Anbieter, die im letzten Jahr dabei waren, wollen weiterhin dabei sein. Kein einziger Gastgeber sieht das Thema auf die Pandemie begrenzt.

Frage: In letzter Zeit sind zunehmend jüngere Menschen zum Caravaning gekommen. Darunter waren auch viele Neueinsteiger. Glauben Sie, dass diese Gruppe besonders auf Pop-Up Camps steht?

Antwort:
Junge Menschen sind digitalisierter, erlebnisorientierter und weniger von Komfort abhängig.
Sie haben sich ein (teil-) autarkes Fahrzeug angeschafft und wollen damit „raus“. Die Enge eines deutschen Campinglatzes kann die Bedürfnisse dieser Gruppe nicht immer befriedigen. Mit den passenden Angeboten können wir es schaffen, einen guten Teil dieses Tourismus lokal in Deutschland zu etablieren. Wenn man sich bewusst macht, dass die Klimakrise ja auch vor der Tür steht und den Tourismus verändern wird, dann sind gute touristische Angebote mit „kurzen Wegen“, ohne Flächenverbrauch genau das, was es braucht. Dass viele junge Menschen zu den Camping Neueinsteigern gehören und Corona einen so disruptiven Moment für den Tourismus liefert wie nie zuvor, halte ich für einen absoluten Glücksgriff und eine riesige Chance.

PopUp-Camps sollen den Campern mehr Möglichkeiten bieten, meint der Geschäftsführer Jobst von Paepcke (Foto: Paepcke)

PopUp-Camps sollen den Campern mehr Möglichkeiten bieten, meint der Geschäftsführer Jobst von Paepcke (Foto: Paepcke)

Jobst v. Paepcke: “Junge Menschen sind digitalisierter, erlebnisorientierter und sind weniger vom Komfort abhängig.”

Frage: Wie entwickeln sich die Pop-Up Camps bis 2025? Gibt es Pläne?

Antwort:
2025 stellt sich die grüne Bundeskanzlerin zur Wiederwahl, mit einem Programm zur Stärkung von lokalem Tourismus mit Schwerpunkt Camping und temporärer Nutzung. Flugbenzin und Kreuzfahrt Diesel werden hoch besteuert. Alle Tankstellen in Deutschland müssen bis 2030 Entsorgungsstationen für Campingfahrzeuge anbieten. Pop-Up Camps hat ein flächendeckendes Netz an Spots in Deutschland und verschönert die Plätze mit dem NABU durch ein Programm zur Renaturierung versiegelter Flächen, sowie zur Steigerung der Biodiversität auf Festivalgrounds außerhalb der Events.
Pop-Up Camps ist Klimaschutz, der Spaß macht – wir haben eine Menge Ideen und sind bereit, für die Art Camping einzustehen, an die wir glauben, weil wir sie selbst lieben.

Vielen Dank für das Gespräch.


Coolnessfaktor: 07/10. Pop-Up Camps haben im Jahr 2020 die Möglichkeit geboten, trotz Corona mit den Reisemobil oder Wohnwagen raus zu kommen und relativ nah vor der eigenen Tür zu urlauben. Zudem hat sich für einige Anbieter der Mietflächen – etwa Festivalbetreiber –  die Möglichkeit ergeben, wenigstens einige Einnahmen zu erzielen, die zuvor brutal weggebrochen sind. Das war cool!

Nun steht die Saison 2021 bevor und der Fortbestand der Pop-Up Camps-Idee wird sich wohl in diesem Jahr entscheiden. Geben die Behörden der Bundesländer grünes Licht für diese Campingform oder hagelt es Verbote? Es gilt auch die Belange des Umwelt- und Naturschutz zu beachten. Da war manches im Jahr 2020 nicht so cool.

Wir von We love C ❤️ beobachten das Thema weiter!

So können Sie Kontakt aufnehmen

Pop-Up Camps GmbH
Sillemstrasse 76a
D-20257 Hamburg
hallo@popupcamps.de
https://www.popupcamps.de/

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FERROPOLIS GmbH
Ferropolisstrasse 1
06773 Gräfenhainichen
Tel. 034953 – 35 120
Fax 034953 – 35 123

Geschäftsführer: Thies Schröder
Kontakt: info@ferropolis.de
https://www.ferropolis.de/

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Das Interview wurde geführt am 12.4.2021 per Email.

Gast: Jobst von Paepcke, Geschäftsführer PopUp-Camps GmbH

Interviewer: Thomas Schmies

 

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